bwcpok04

 

Biathlonweltcup 

 

Pokljuka/Slowenien                                     7.-11. Januar 2004

 

 

 

 

Vor zwei Jahren hab ich für die WM im Februar in Oberhof ein Zimmer reserviert. Zum letzten Weltcup in Thüringen war ich dann schon fast entschlossen, statt zur WM lieber zu einem Weltcup irgendwo, wo’s gemütlich ist, zu fahren. Ich hätte ja Osrblie gewählt, aber alle rieten mir zu Pokljuka. Und eigentlich wollten auch noch ein paar Leutchen mitkommen... Ich hab mein Zimmer in Oberhof abgemeldet, nach Pokljuka ist dann doch keiner mitgekommen, außer dem Inchkind. Und weil ich ein richtig gutes Organisationstalent besitze, habe ich natürlich völlig verpeilt, dass die Rennen schon am Mittwoch beginnen... dabei wollte ich an dem Tag doch gemütlich nach Slowenien fahren. Da hilft alles nichts, wir packen den Inchbruderbus und düsen Dienstag Nacht los. Leider ist das Wetter gegen uns. Schneeregen, Nebel und Glatteis zwingen uns zum Übernachten in Bayern.

Zeitnah kommen wir in Bled an und suchen Pokljuka. Für alle, die da mal hin wollen: NICHT AUFGEBEN!!! Wenn man denkt, da kommt nix mehr, geht es immer noch weiter. Und dann kommt es doch!

14.00 Uhr sind wir im Stadion. Uns bleiben genau 15 min um herauszufinden, dass man hier nicht an die Strecke darf, dann beginnt schon der Sprint der Damen. Wir rennen ein bisschen hin und her und finden alles ein bisschen doof. Da schau ich lieber dem Grönländer Slettemark zu, der seinen Sprössling auf ein Paar knuddelig kleine Ski gestellt hat und ihn unter seiner fachkundigen Anleitung über die Teststrecke rutschen lässt. Immerhin, zur Siegerehrung lässt uns Janko ins Areal, und wenn wir auch vom Rennen nicht wirklich viel mitgekriegt haben, geht’s uns doch jetzt richtig gut.

Dann treffen wir auch noch Lika und Soja aus Moskau. Lika kenne ich aus dem Internet, sie schreibt für eine Russische Biathlonfans-Site.

Wir düsen erst mal die 25 km zurück nach Bled. Müssen uns noch ein schnuckeliges Quartier suchen. Leider ist es sehr eng in Bled, auf den Straßen meine ich, besonders die Einfahrten. Als ich irgendwo wenden will, steht ein Eisenzaun im Weg und ich fahre eine Riesendelle und einen noch größeren Ratzer in meines Bruders Bus. Ich bin mindestens 5 min völlig entnervt, dann retten wir uns in so ein Touristeninformationsdings. Die Lust am „Pension selber suchen“ ist mir vergangen. Wir werden in einer sehr noblen Herberge etwas außerhalb des Zentrums einquartiert. Ich bin immer noch ein bisschen entnervt wegen des Blechschadens. Da hilft nur auspacken, duschen und ab in die Stadt das Nachtleben erkunden. Mit in Oberhof antrainiertem Spürsinn landen wir auch tatsächlich in DER Kneipe. Die Russen sitzen schon da, später trudeln so ziemlich alle anwesenden Deutschen Fanclubs ein. Ich stelle fest, dass die in Moskau einen seltsamen Dialekt sprechen müssen ( vielleicht so was wie Bayrisch?), ich verstehe jedenfalls so gut wie gar nix. Also wurschteln wir uns mit einem fröhlichen Mix aus Englisch und Russisch durch. Ich lerne, dass Pylewa Pyljówa heißt und Dratschew Dratschjow ( wobei das j eher nicht gesprochen wird) und bei Maigurow seltsamerweise die erste Silbe betont wird. Dazu noch allerhand Tratsch aus dem Russischen Lager und dass den Fans ein Sieg über die Weißrussen wichtiger ist als alles andere.

Am nächsten Tag sind wir zwei Stunden vor Rennbeginn im Stadion. Wir sind, glaub ich die Ersten. Naja, mindestens die Dritten. Wir sichern uns einen guten Platz am Athletenbereich. Hier können wir alles, aber auch wirklich alles sehen. Es ist genauso schönes Wetter wie gestern. 1 m Schnee und Sonnenschein. Das Leben kann so wunderbar sein. Leider wird mir der Spaß durch das Fehlen eines gewissen Wolfgang Rottmann und Luggi Gredler  verdorben. Ach Menno. Da fahr ich 800 km und dann sind die nicht da. Vesa fehlt auch und wo bitte schön ist Hanevold? Da Andi erst wieder in Ruhpolding seinen nächsten Weltcupeinsatz hat, Vic seine Karriere beendet hat und Heymi irgendwo im EC rumgurkt, hätte ich eigentlich gar nicht kommen brauchen. Grmpf. Wenigstens bleiben mir Michi, Pascha und Dratschjow. Letzterer macht mir die Freude, Dritter zu werden, hinter Raph und Ole. Roschkow verliert heute sein gelbes Trikot an den Franzosen. Ich frage Michi, wo und wann im Ort die offizielle Siegerehrung stattfindet. Aber der hat keinen Plan. Das Inchkind trifft dann endlich Daniel Graf. Der hat nicht geglaubt, dass sie wirklich in Pokljuka auftauchen würde. Jetzt quatschen die auch noch soviel, dass ich Mühe habe, die beiden zu einem netten Blick in die Kamera zu bewegen.

Mit meinem Französisch klappt’s besser als mit Russisch. Ich bitte Raph ganz artig darum, ihn fotografieren zu dürfen und er stellt sich auch ganz artig hin. Nachdem ich mich, ebenfalls artig bedankt habe, geht er. Nach fünf Metern muss er plötzlich so einen Gedanken oder was haben. Er dreht sich um und fragt mich, ob ich Französin bin. Er scheint mir ein bisschen enttäuscht zu sein, als ich ihn aufkläre.

Abends fragt mich dann auch noch der Kellner, ob ich Russin bin. Hm. Irgendwie beruhigend, dass wir nicht auch noch Italiener getroffen haben. Ggg

Am Freitag schneit’s dann auch in Bled. Ich fahr etwas vorsichtiger nach Pokljuka. Schließlich hab ich heute Nacht geträumt, dass mein Bruder nicht mehr mit mir redet.

Die Slowenen karren wieder unzählige Schulkinder ins Stadion und wir vertreiben uns die Zeit mit Schneeballschlachten.

Aber die Hälfte der erwachsenen Zuschauer sind heute immer noch Deutsche. So wird Uschi Disls Sieg gefeiert, als wär sie zu Hause .Und Dank Janko können wir die Siegerehrung wieder hautnah miterleben. Übrigens haben wir Uwe Müßiggang wegen der offiziellen Siegerehrung gefragt. So was gibt’s hier gar nicht. Hm.

Wenn man durch Bled läuft, stolpert man allenthalben über Biathleten. Man trifft sie beim Shoppen in der City, beim Joggen im Park und in den Kneipen sowieso. Und heute sogar an der Tankstelle. Wir müssen da mal hin, um die Busscheiben zu putzen. Das Inchkind schnappt sich den Wassereimer, da rennt ihr ein verdutzter Argentinischer Biathlet hinterher. Carina Barcos lacht sich derweil schlapp.

Den Abend verbringen wir diesmal mit einer Herde pubertierender Slowenischer Nachwuchsskispringer. Das ist anstrengend. Wir wollen flüchten, aber der Kellner fühlt sich wieder mal verpflichtet, uns einen auszugeben. Trinkgeld will er auch wieder nicht haben. Hm. Ist es ihm peinlich, dass er mich für eine Russin gehalten hat? Oder mag er das Inchkind?  Eigentlich hatten wir uns heute mit zwei Biathlonfans aus Kamenz, die auch in unserer Pension wohnen, verabredet. Aber die finden den Weg nicht oder was. Jedenfalls kommen sie nicht, um uns von dem Kellner zu eretten und wir ergeben uns unserem Schicksal.

Am Samstag werden keine Schulkinder ins Stadion gekarrt. Dafür kommen die Slowenen in Familie. Dazu noch eine ganz erkleckliche Anzahl Ösis und Italiener. Das Inchkind hat wieder ihren üblichen Stress mit diesen zwei Maskottchen, die hier rumrennen. Mindestens 5 mal am Tag kommen die, und zippeln an ihr rum. Ich weiß auch nicht. Der Kellner, die Maskottchen. Fisch macht sich einen Spaß daraus, sie mit dem Auto fast umzufahren. Dazu die Einladung eines gewissen jungen Biathleten auf sein Einzelzimmer. Und von den Italienern red ich lieber gar nicht. Sollte ich mir Sorgen machen?(Frau hat schließlich eine gewisse Verantwortung als Mutter und so).

Nach dem Rennen stell ich mir ein paar Biathleten zum Fotografieren zurecht. Ich muß das machen, weil ich ja nicht gegen die Sonne fotografieren kann. Nur können jetzt die Herren der Schöpfung nicht so richtig wirklich gut in die Kamera gucken. Die Bilder gelingen dann auch nicht wirklich. Dafür treffe ich einen Russen, der offensichtlich nicht aus Moskau stammt. Jedenfalls verstehe ich ihn und bin ob meiner Sprachkenntnisse wieder etwas beruhigt.

Dann warte ich ewig lange auf Mesi, weil so ganz ohne Ösi, das ist kein richtiger Weltcup nicht. Er schleicht sich schließlich ganz geschickt an mir vorbei, in Oles Begleitung. Tief in ein Gespräch mit ihm verwickelt. Wie soll da Frau denken, da kämen nicht zwei Norweger. Das Inchkind lacht sich schlapp. Püh. Mach ich eben ein Foto von und mit Dratschjow.

Abends treffen wir wir uns zunächst mit Daniel in einer Bierbar, nur um später wieder im Planincu beim Martina Zellner Fanclub zu landen. Aber nicht da, wo „unser“ Kellner“ serviert. Irgendwie müssen wir ja mal unser Geld loswerden. Es wird die längste aller Nächte, und das, wo wir morgen besonders zeitig los müssen.

Am Sonntag ist es zunächst wie letztes Jahr in Oberhof. –18°C. Ich sterbe! Zum Glück wird es so, wie die Sonne kommt, wärmer. Aber das dauert vielleicht.

Als das Massenstartrennen der Damen beginnt, ist es dann aber schon angenehm warm. Die kleine Anna Bogali gewinnt ihr erstes Weltcuprennen und ich freue mich mit Lika und Soja. Uschi Disl wird Dritte Weil später noch die Herren starten, können wir nicht zur Siegerehrung vor. Bei deren Rennen kommt es gleich zu Beginn zu einem Sturz, in den unter anderem Ali Wolf und Lars Berger verwickelt sind. Der Deutsche ist ziemlich angefressen, während Berger lacht und sich beim Aufrappeln noch mit den Zuschauern unterhält. Dafür wird er dann auch jedes Mal angefeuert, als läge er in Führung, obwohl er nach was weiß ich wieviel Strafrunden dem Feld kontinuierlich hinterherläuft. Vor zwei Tagen hat das Inchkind Michi Greis beim Joggen erschreckt. Offensichtlich hat sie ihm ordentlich Beine gemacht. Denn er liefert ein hervorragendes Rennen und wird Dritter. Heute ist nicht nur Berger am Start, auch Halvord Hanevold ist da. Da siehts in meiner kleinen Biathlonwelt doch gleich wieder besser aus. Und das er auch noch gewinnt! Bei der Siegerehrung werden wir freundlicherweise gewarnt, dass evtl mit Sekt gespritzt wird. Aber Halvard ist ganz ein Artiger  und lässt unsere Kameras leben.

Ich schnapp mir endlich den Meso und mach mit ihm ein Rotti/Luggi-Ersatzfoto. Das Inchind verabschiedet sich noch von Daniel, der heute nach Ruhpolding und dann weiter nach Frankreich zum EC fährt. In Bayern wird Andi Birnbacher starten.

Dann heißt es Abschied nehmen von Lika und Soja, den Kamenzern, dem Martina Zellner Fanclub und Pokljuka. Und natürlich von Janko! Danke noch mal!

Wer weiß, vielleicht sehen wir uns im nächsten Jahr wieder.

 

Ps. Nach Hause gefahren sind wir quasi im Konvoi mit den Russen und Weißrussen. In einer Raststätte haben wir die Norweger getroffen und als wir an Ruhpolding vorbei waren, war immer noch nicht Schluß. Bei Lobenstein trafen wir noch einen vom Sven Fischer Fanclub.

 

Pss. Mein Bruder. Mein Bruder ! hat sich halb tot gelacht. Und mir dann die anderen Dellen am Auto gezeigt. Die vorn rechts, die hat eine gewisse Katrin reingefahren, als sie sich den Bus geborgt hat um nach Frankreich zu fahren. Die an der Fahrertür stammt von einer anderen Freundin und deren Trip nach Italien. Die dritte Frau, der er seinen Bus geborgt hat, war ich. Wenn’s aber auch so eng ist in Bled....

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